die Entscheidung der Schweizer letzte Woche hat wieder einmal gezeigt, wie eng doch
der Grat zwischen (natürlichem) Selbstschutz und Fremdenhass ist.
Und immer noch werden Vorsicht und Ablehnung – aber auch Anerkennung –
über Herkunft, Sprache und Dialekt definiert.
Auch in der deutschen Berufswelt.
Der nette Koch im Vapiano in Frankfurt spricht seine Gäste landsmännisch korrekt
auf Hessisch an und dutzt sie. Das schafft Vertrauen und treue Kunden.
Vielleicht macht er es aber auch nur, weil er des Hochdeutschen gar nicht mächtig ist.
Als ich meine Bestellung aufgab und mich mit ihm unterhielt, konnte ich seine
Gedanken lesen:
„Du kommst aber auch nicht von hier“. Nein, habe ich ihm gedanklich geantwortet:
„Ich komme aus dem Schwäbischen“. Deshalb kenne ich das mit dem Dialekt,
damit bin ich groß geworden.
Denn bei uns war bis vor ca. 20 Jahren sogar im Vorstand „beim Daimler“ Schwäbisch noch
Amtsssprache. Der Dialekt als Chance oder gar als Vorraussetzung für eine Karriere.
Wie in der lokalen Gastronomie.
Und auch ausländische Arbeitnehmer und Ihre Familien lernen in Stuttgart
selbstverständlich noch heute kein Hochdeutsch (von wem auch), sondern Schwäbisch.
Und je schneller Sie das können, umso besser werden Sie integriert – sie gehören dazu.
Die Schweizer Nachbarn und Cem Özdemir lassen grüßen.
Dass Sie mit Dialekt aber auch große internationale Karriere machen können, bewies
beispielsweise der Energiekommissar der EU, Günther Oettinger, dem es
vor nicht allzu langer Zeit gelang, mit und trotz Dialekt von Stuttgart nach
Brüssel zu wechseln.
Aber das bleibt eher die Ausnahme. Vorteil Ministerpräsident,
der vielleicht auch wegen seines Dialekts gewählt wurde und den, wegen eines
anderen Jobs abzulegen, von vielen alten Freunden als Verrat angesehen worden wäre.
Aber Vorsicht, wenn Sie kein Politiker sind. In einigen Teilen Deutschlands wird Dialekt sogar
gleichgesetzt mit sozialer Herkunft und verhindert deshalb das Weiterkommen.
Wenn Sie also überregional arbeiten wollen, müssen Sie Hochdeutsch sprechen, sollten aber
trotzdem Ihre Wurzeln, den Dialekt, nicht verlieren.
Ihr Ziel muss es sein, wie der Entertainer Harald Schmidt, situationsspezifisch zwischen
Dialekt und Hochdeutsch zu wechseln.
Falls notwendig trainieren Sie Hochsprache regelmäßig und am besten mit Freunden,
die dialektfrei(er) sprechen.
Im Grundsatz gilt:
Dialekt macht menschlicher, Hochdeutsch klingt intelligenter und manche
Deutsche haben aufgrund Ihrer regionalen Herkunft gewisse (Sprach-)Vorteile.
Der Dialekt kann also Chance und Hindernis sein.
Überlegen Sie sich deshalb vor jedem Vorstellungsgespräch genau, für was
und wo Sie sich bewerben und legen auch Ihre Sprachstrategie entsprechend
fest.
Wenn Sie beispielsweise als Franke auf einen anderen Franken treffen, können und
sollten Sie das „R“ ruhig etwas rollen lassen. Das schafft Vertrauen und wirkt sich
sicherlich nicht negativ auf Ihre Jobchancen aus.
Und wenn Sie sich das folgendende Video angeschaut
Anmerkung Video wurde von YouTube gelöscht
und danach immer noch vorhaben, sich bis zur Umsetzung des Referendums
noch ohne Restriktionen in der Schweiz zu bewerben, dann empfehle ich Ihnen zur Vorbereitung
folgende App für Ihr NATEL (Schwiizerdütsch fürs Handy)
P.S. Dass Sie im nächsten Schritt auch dialektfrei Englisch sprechen sollten, ist wohl nach dem o.g. selbstverständlich.
P.P.S. Und wer Günther Oettinger in den letzten Monaten erlebt hat, wird bestätigen, dass er das – wie vieles in seinem Berufsleben – schnell gelernt hat.